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Alt 22.08.2004, 12:06
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Das Bild macht die Musik

Die „Beatles“ spielten in der „Ed Sullivan Show“, die „Toten Hosen“ gehen zu MTV: Der Pop braucht das Fernsehen

Von Kai Müller

Was wäre Popmusik ohne Bilder? Vermutlich nur: Lärm. E-Gitarren, Synthesizer, auch Worte sind gut, aber ohne Bilder geht es nicht. Seit Elvis den jugendlichen Überschuss an sexueller Energie und Lebenskraft durch seine Hüften sprechen ließ und Rock'n'Roll zu einem visuellen Ereignis gemacht hat, gilt dieses Gesetz. Musik kann noch so laut, intelligent, lüstern und radikal sein, wenn die Klänge keine Bilder finden, nichts, wodurch das Dionysische des Pop im Bewusstsein verankert wird, sind sie bloß Geräuschlandschaften. Ein Irrgarten der Sinne.

Aus diesem Grund sucht Deutschland seinen Superstar im Fernsehen und inszeniert Popstarkarrieren als Gladiatorenkämpfe. Aus diesem Grund spielte die Sängerin Yvonne Catterfeld bei „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ mit und sang als dort selbst unglücklich Verlassene ein Liebeslied, mit dem ihr der Durchbruch gelang. Und aus diesem Grund auch haben die „Toten Hosen“ es MTV-Kamerateams gestattet, ihr Leben zu filmen. Im Fernsehen werden einseitige Begabungen wie die des Musikers zur beliebten Folie, um Gefühle als Wirklichkeitsmoment zu erleben.

Pop ist so alt wie das Fernsehen. Etwa 50 Jahre. Doch lange spielten Rock- und Popstars darin nur eine Nebenrolle. Sie traten in Talk- und Unterhaltungssendungen wie der „Ed Sullivan Show“ auf, in der die „Beatles“ ihren amerikanischen Durchbruch erlebten. Die Talkmaster, um bürgerliche Saturiertheit bemüht, zeigten sich verblüfft über die emotionale Entfesselung, die mancher Musiker beim Studiopublikum auszulösen vermochte. Die Popstars waren Gäste in dieser Wohnzimmerwelt und sollten es auch bleiben. Obwohl eine Retorten-Band wie die „Monkees“, die Mitte der Sechziger als Beatles-Kopie aus vier hübschen Burschen für derlei TV-Auftritte zusammengecastet wurde, schon früh demonstrierte, welchen Einfluss das Fernsehen auf das Konsumverhalten der Teenager ausübt. Es erlaubt gewieften Produzenten, sich als musikalische Schöpfer im Hintergrund aufzuhalten und die Rolle des Entertainers an begabtere Image-Artisten abzugeben.

Etwas eigenes initiierte das Fernsehen selten. Sendungen wie „Rockpalast“, „Beat Club“ und Ilja Richters „Disco“ („Licht aus, Spot an!“) schöpften aus Konzert-Situationen – selbst wenn die Musik im Sendesaal vom Band kam. TV-Hitparaden waren Katalysatoren und spiegelten wieder, was los war. Sie machten Künstler berühmt, die zuvor nur einer kleinen Gruppe bekannt gewesen waren. Und manches tauchte gar nicht auf. So wurde Punk erst wahrgenommen, als es zu spät war, und niemand hat dessen Fehlen vermisst. Am wenigsten Punk selbst.

„Pictures came and broke your heart“, sang die britische Elektro-Pop-Band „The Buggles“ 1980 in ihrem Song „Video Killed The Radio Star“. Das war prophetisch. Denn mit der Gründung des Musiksenders MTV, der im Jahr darauf sein Non-Stop-Programm startete, verschwand der vom Radio geschaffene Popstar. An seine Stelle traten Multimedia-Jongleure wie Michael Jackson, Madonna, „Duran Duran“ oder „Pet Shop Boys“, die sich als Gesamtkunstwerk verstanden und mit dem Videoclip die Deutungshoheit über ihre Musik zurückerlangten. Die Bilder, die man sich nun von ihnen machte, unterlagen ihrer Kontrolle. Und das Schlimmste, was ihnen passieren konnte, war, dass ein Video nicht oft genug gespielt wurde. „Die Musik der Achtziger“, sagt Punk-Erfinder Malcolm McLaren, „war entworfen für Leute, die Karriere machen wollten.“

Das war eine Zäsur, der Übergang zur „semiotischen Pornografie“, wie der amerikanische Pop-Theoretiker Greil Marcus meint. Die Musik wurde ihres vagen, aus Andeutungen geflochtenen Metaphernnetzes beraubt. An die Stelle einer Haltung trat die Pose, die gespreizte Geste, die nicht länger durch Inhalte gedeckt war, sondern durch ihre Choreografie imponieren wollte. Die Pop-Avantgarde, die sich enttäuscht von den Werten des Punk abwandte, entschloss sich, in den Kommerz einzusteigen. Das Einzige, was jetzt noch zählte, war Erfolg.

MTV definierte das Verhältnis neu, innerhalb dessen Musik und Fernsehen einander befruchten. „Musik ist Programm und zugleich Ware, die sich selbst bewirbt“, schreibt der „Spiegel“ über das geschlossene System dieser Verwertungskette. Und Thomas Langhoff fügt mit Blick auf VIVA hinzu: „Das Einzige, was der Konsument wirklich wissen muss, ist: dass er existiert – und dass er vor dem Fernseher sitzt."

Der Rest ist Gedöns, Gedröhne und Götterdämmerung. Denn längst haben die großen Plattenfirmen, die sich mit teuer produzierten Videoclips Werbeminuten bei MTVIVA erkauft haben, einen mächtigen Konkurrenten bekommen. Das Fernsehen. Das macht die Stars von heute nämlich selbst und verdient an den CD-Erlösen der Plattenfirmen kräftig mit. „DSDS“, „Star Search“, „Fame Academy“, „Popstars“ – solche Selektions- und Casting-Shows haben das Zeitalter des demokratischen Künstlers eingeläutet. Und es ist auffällig, dass sich bei den Mattscheiben-Duellen immer wieder dieselben beiden Typen durchsetzen: das Model und der Freak. Alexander und Sarah Connor einerseits, Daniel Küblböck andererseits. Sie verkörpern dasselbe Prinzip: Sei besonders! In einer Gesellschaft der Gleichen, in der Bildung, Familienstand und Vermögen keinen Machtgewinn mehr erzielen, wird Aufmerksamkeit zum höchsten Gut. Und die wird in Sendeminuten gezählt.

„TV Makes The Superstar“, dichteten „Modern Talking“ weise. Wobei niemand so gut weiß wie Dieter Bohlen, dass sich dabei zwei Charakterzüge des Mediums ständig konterkarieren: das Dokumentarische und die Revue. Das Fernsehen will immer und überall dabei sein. In den Elendsvierteln Kalkuttas ebenso wie im „Big Brother“-Container. Und dass es dabei verwackelte, unscharfe und verstümmelte Bilder einfängt, erhöht nur den authentischen Reiz. Gleichzeitig werden Banalitäten überinszeniert, werden gigantische Kulissen errichtet, um normale Menschen vor den Augen von Millionen scheitern oder triumphieren zu lassen.

Zuweilen bauen sich Menschen solche Traumkulissen sogar selbst. Wie Ozzy Osbourne, der alte, schwer gezeichnete Metal-Rocker, der mit seiner Familie in einer überladenen Märchen-Villa in den Hügeln von Hollywood lebt. Dass „Die Osbournes“ zur MTV-Kultsendung avancierten, hat kaum etwas mit dessen Karriere als „Black Sabbath“-Sänger zu tun. Vielmehr lebt die Serie von der Entzauberung des Besonderen. Die bizarren Alltagsprobleme und das familiäre Chaos verheimlichen nicht einmal, wie gewöhnlich sie sind – ob der Vater sich nun darüber erbost, dass seine Tochter sich ein Tattoo machen lässt, oder der Sohn mal wieder austickt, weil keine Eiscrème im Kühlschrank ist. Wer hat solche Probleme nicht? Die „Simpsons“ haben sie jedenfalls auch.

Trotzdem verrät das telegene Papparazzitum, dem sich nun auch die „Toten Hosen“ in einer 22-teiligen MTV-Serie aussetzen (Start: 17. September), dass Popmusik nach neuen Bilderwelten strebt. Für Videoproduktionen fehlt den Plattenfirmen das Geld. Also wird die Privatsphäre als Bühne entdeckt – und so einer Band, die ihren Karrierezenit längst überschritten hat, ein zweites Leben geschenkt.

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