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Alt 03.06.2007, 15:21
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AW: Presseberichte Online

Badische Zeitung vom Montag, 19.03.2007
Süffige Arrangements mit Pfiff


Das stilistische Programm ist weit gefasst: Glanzvoller Auftritt des ORSO mit Elli Erl in der Offenburger Baden-Arena
Offenburg. Groß war das „ORSO – The Rock Symphony Orchestra“ schon immer. Das es inzwischen auch erwachsen ist, zeigte der glanzvolle Auftritt am Samstag in der Baden-Arena in Offenburg. Das Ensemble und sein Gründer, Leiter und Arrangeur Wolfgang Roese haben sich künstlerisch gelöst vom puren Größen-Spektakel der 1980er-Jahre, als „Symphonic Rock“ im Wesentlichen Ohrwürmer und pathetische Balladen zu künstlerischen Riesenballons aufblies. Roeses Arrangements – die immer zumindest süffig waren – haben ein tolles Niveau erreicht. Toll, wie Roese „Smoke on the water“ von Deep Purple umsetzt. Zunächst dezentes Pizzicato, gefolgt von aufsteigenden Akkorden in den Bläsern, fallenden in den Streichern. Der Chor setzt ein, sphärisch, es klingt nach Anrufung, nach Opfermusik. Mit einem Mal setzt das Orchestertutti ein, hämmert dem Publikum die berühmteste Quart der Rockgeschichte in die Ohren, schrille Flötentriller auf jedem Rhythmusakzent. Roese wechselt zwischen Heavy-Sinfonik und choralhaftem Zelebrieren hin und her, das Quartthema ist präsent in den Bassstimmen, den Rest des präzisen ORSO-Klangkörpers schwelgt halb in Spätromantik, halb in Cinemascope. Glissandi rauschen auf und nieder, und die Zeile „Fire in the sky“ im Chor kündet verzückt vom nahenden Untergang – eine Mini-Schicksalsinfonie. Irre!
Auch die „Queen-Symphony“ hat diese Qualität. Roese macht hier auch gelungene musikalische Späßchen, etwa mit dem „We are the champions“-Thema. Das wird zunächst vom Cello solo ganz lyrisch-dezent geseufzt, eine schluchzende Oboe gesellt sich dazu, bis endlich der ersehnte Pathos-Chor einsetzt. Das hat Pfiff. Stilistisch ist das ORSO-Programm weit gefasst. „O Fortuna“ aus den Orff’schen Carmina Burana mit seiner Archaik passt gut in ein Rock-Programm, ebenso wie „Jupiter, Bringer der Freude“ aus „Die Planeten“ von Gustav Holst, schließlich war das Stück in den 1970ern am Scheitelpunkt der Klassikrock-Welle als „Joybringer“ ein Top-Hit für Manfred Mann’s Earth Band.
Überraschend: die Arie „Art is calling for me“ von Victor Herbert, einem Amerikaner, der keine Musicals, sondern richtige Operetten komponierte. Das war spritzig dargeboten von einer Melinda Parsons, geschmeidiger, kräftiger Sopran mit beeindruckender Höhe. Und das ORSO spielt so lebendig und „wienerisch“, als wäre man Hausorchester im Theater in der Josefstadt. Bei einem Medley von Elli Erl, einst „Deutschland sucht den Superstar“-Gewinnerin, sind Roese und Compagnie dezente und kompetente Begleitung. Elli hat eine gute Bühnenausstrahlung, dunkles Timbre. Sie singt leider dem Zeitgeist entsprechend ein bisschen maniriert, drückt die Vokale gern ins Kehlige und macht aus jedem „s“ ein halbes „sch“. Das ist zwar in, nervt aber trotzdem.
Am 24. April ist Elli mit Band in Freiburg im Jazzhaus. Es gibt viel zu loben und nichts zu bemängeln – allenfalls die etwas zu kalorienreichen Ansagen von Moderatorin Julia Packetat, die es mitunter ein bisschen fett aufträgt. Da wird die Verschmelzung von Klassik und Rock „gefeiert“, und der passable Sänger Florian Zink als Ausnahmetalent angekündigt. Zink ist ein ordentlicher Sänger, der „Eloise“ ordentlich singt, jedoch viel zu brav und auch stimmlich nicht in der Lage ist, der hyperekstatischen Barry-Ryan-Version etwas entgegenzusetzen. Da wäre ein bisschen tiefer stapeln doch besser.
Robert Ullman
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