"Das Superstar-Image ablegen“ Beitrag von: Uwe Ziegler
(ziu) Ruhig ist es geworden um Elli Erl (26). Im März 2004 gewann sie die zweite Staffel des RTL-Talentwettbewerbs „Deutschland sucht den Superstar“, danach aber wollte sie nicht mehr mit Dieter Bohlen zusammenarbeiten und verschwand in der Versenkung. Am vergangenen Wochenende saß die sympathische Niederbayerin mit neuem Wohnsitz in Köln in der Jury des Aqua-Turbo-Contest, den sie mit ihrer früheren Band Panta Rei 2000 gewonnen hatte.
Elli, wurdest du hier in Ingolstadt nach Autogrammen gefragt?
Elli: Nein. So wahnsinnig viele Leute erkennen mich gar nicht mehr. Ich bin mehr die Frau für den zweiten Blick. Außerdem hab ich keine roten Haare mehr, das war ja mein Markenzeichen. Nach sechs, sieben Jahren hat mich das Nachfärben genervt, außerdem wollte ich dieses scheiß DsdS-Image ablegen.
Was war so schlimm daran?
Elli: Eigentlich ist die Sendung ein tolles Sprungbrett – aber nicht bei uns. In anderen Ländern bist du danach der König, hier zeigen sie dir den Mittelfinger.

Was passierte eigentlich nach DsdS?
Elli: Nicht viel. Das Finale sahen sechs Millionen Zuschauer, da blieb natürlich schon was hängen, und zunächst mal hab ich auch von den Nachwirkungen der Sendung profitiert. Aber meine Plattenfirma hatte kein besonderes Interesse an mir, und das Management war auch nicht grad der Hit. Die wussten nicht so recht, was sie mit mir anfangen sollten.
Du musstest „This Is My Life“ singen, den von Dieter Bohlen produzierten Song.
Elli: Die Version, die am Ende rauskam, war ein Traum im Vergleich zu Bohlens Demoband. Hätten sie die Demoversion nicht geändert, wäre ich vor dem Finale ausgestiegen. Ich mag Balladen gern, aber das war halt ein Gemisch dessen, was Bohlen schon in vier, fünf anderen Songs verwurstet hatte. Erst hieß es „Elli, die Rockröhre“, dann soll ich plötzlich eine Megaschnulze singe.
Immerhin hat sich die Single 100.000 Mal verkauft und schaffte es bis auf Platz drei in den deutschen Single-Charts. Hast du nicht kurz mit dem Gedanken gespielt, auf der Bohlen-Schiene weiterzumachen?
Elli: Keine Sekunde! Es war schon schlimm genug, diesen einen Song zu singen. Für mich war klar, dass ich keine weitere Minute mit ihm zusammenarbeiten mochte.
Bohlen ist ein unsympathischer und unmusikalischer Mensch
Was ist so schlimm an Bohlen?
Elli: Ich hab ihn kennen gelernt und erlebt, was er kann und was nicht. Ich finde, er ist ein ganz unsympathischer Mensch, sehr unmusikalisch. Sein Typ lässt sich halt gut vermarkten, aber alles, was mit Musik zu tun hat, lässt er machen – zugegebenermaßen mit Erfolg.
Schaust du die aktuelle Staffel von DsdS?
Elli: Nein. Für mich ist das Thema zu 100 Prozent abgeschlossen.
Hat deine Beziehung den ganzen Trubel überstanden?
Elli: Nein, meine Freundin hat kurz vor den Motto-Shows Schluss gemacht, ihr wurde das alles zu viel. Inzwischen bereut sie es glaub ich (lacht). Ich hab dann während der Shows eine Frau kennen gelernt, mit der ich noch heute zusammen bin. Wir wohnen gemeinsam in Köln.

Hattest du Probleme nach deinem Outing vor Millionenpublikum?
Elli: Nein, nie. Es kommt ganz drauf an, wie man selbst damit umgeht, wie man Leuten gegenübertritt. Okay, anfangs hatte ich Angst, dass ich in meiner niederbayerischen Heimat Hadersbach nicht mehr in die Kirche darf… (lacht)
Wovon lebst du eigentlich momentan?
Elli:Ich zehre noch von dem Geld, das ich bei DsdS verdient hab. Das waren keine Millionen, aber für mich als Student, der ich immer 500 Euro Miese auf dem Konto hatte, war’s ein Batzen Geld.
Was ist im vergangenen Jahr in deinem Leben passiert?
Elli: Ich hab mein Examen als Lehrerin für Musik und Sport bestanden. Das war mir wichtig, schließlich ist das Musikbusiness eine schnelllebige Branche. Jetzt bin ich ganz frei und kann mich wieder um meine Karriere kümmern. Ich hab mir in Köln eine Band gesucht und bin ganz begeistert, die sind wirklich super. Vier, fünf Mal pro Woche wird geprobt. Ich bin sehr glücklich mit dem, was ich mache. Niemand quatscht mir rein, ich kann machen, was ich gerne möchte.
Was mit deinem neuen Manager zu tun hat.
Elli: Thomas Stein, der ja mit Bohlen damals in der Jury saß, hat immer an mich geglaubt, mit ihm hatte ich auch nach DsdS stets Kontakt. Es war immer klar, dass wir irgendwann was zusammen machen würden.
Wann hören wir neue Songs von dir?
Elli:Im Juli waren Thomas Stein und ich in den USA, weil er dort zwei sehr gute Produzenten an der Hand hat. Es kann sein, dass wir die neue Platte in Nashville aufnehmen, mit US-Musikern. Wenn das Album in Deutschland eingespielt wird, mache ich’s mit meinen Leuten. Im April gehen wir auf Tournee, und zum Tourstart wird’s auf jeden Fall eine Single oder eine CD mit drei, vier Nummern geben.
Gibt’s schon eine neue Plattenfirma?
Elli: Noch nicht, das ist Thomas Steins Aufgabe. Wir sind aber sehr zuversichtlich.
Wo werdet ihr auftreten?
Elli: Vorwiegend in kleinen Clubs. Im Kulturspeicher in Regensburg, im Backstage in München und hier in Ingolstadt im Paradox. Die ganz großen Städte wie Berlin lassen wir erst mal weg, da würde ich untergehen.
Wenn’s mit dieser Platte nichts wird - lässt du’s dann bleiben mit der Musik?
Elli: Nie im Leben! Ich versuche, die Sache langsam aufzubauen und werde nicht deprimiert sein, wenn’s zunächst mal nicht klappt. Ich lese zurzeit viele Biografien, zuletzt die über die Red Hot Chili Peppers. Die haben vier, fünf Alben rausgebracht, bis sie endlich Erfolg hatten. Bis dahin hatten sie so richtige „Scheißefress-Touren“ hinter sich, wo sie vor leeren Clubs gespielt haben. Ich möchte mir Zeit nehmen, eine Fan-Base erarbeiten, möchte mir die Glaubwürdigkeit wieder erspielen und das Superstar-Image ablegen. In allererster Linie geht’s mir ums Musikmachen. Alles andere ist ein netter Nebeneffekt.
Fotos: Cornelia Hammer
19.01.2006 14:38
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