Einzelnen Beitrag anzeigen
  #60  
Alt 19.08.2005, 15:30
Benutzerbild von Elli live Fan
Elli live Fan Elli live Fan ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registrierungsdatum: 04.2004
Ort: Dortmund
Beiträge: 5.279
Elli live Fan befindet sich auf einem aufstrebenden Ast
Ich pack den Artikel mal hier mit bei, um dem Thema die passende Abrundung zu geben.

http://www.sz-online.de/nachrichten/....asp?id=929146
Sächsische Zeitung Freitag, 19. August 2005
Zitat:
Mit Payola in die Hitparaden
Von Gunnar Leue

Bestechung. Zwar klagen Plattenfirmen gerne über Unmoral raubkopierender Konsumenten – sie selbst folgen eigenen Regeln.

In Amerika können sich einige musikerzieherische Projekte demnächst über einen kleinen Geldsegen freuen. Er stammt aus einer Zehn-Millionen-Dollar-Spende, mit der sich die Plattenfirma SonyBMG von der weiteren Strafverfolgung wegen erwiesener Bestechung von TV- und Radioredakteuren in den USA freikaufte. In der E-Mail eines Mitarbeiters hieß es beispielsweise: „Was muss ich tun, um Audioslave bei WKSS in dieser Woche gespielt zu bekommen? Was auch immer ihr euch erträumt – ich kann es möglich machen.“

Betrug gehört zum Geschäft

Solche Traumerfüllungsgehilfen dürfte es auch bei der Konkurrenz gegeben haben, weshalb mit ähnlichen außergerichtlichen Freikauf-Handeln von anderen ähnlich großen Plattenfirmen gerechnet wird. Das Ganze ist insofern interessant, weil dieselben Firmen an anderer Stelle gern klagen, wie sehr sie von den jungen Menschen betrogen werden, die einfach ihre Musik raubkopierern statt sie im Laden zu kaufen. Deshalb ziehen sie die auch gnadenlos vor den Kadi. Das ist schon paradox, aber was ist nicht paradox im Musikgeschäft?

Pete Townsend, Gitarrist bei The Who, hat vor vielen Jahren mal gesagt: „Der Rock’n’Roll ist keine zivilisierte Industrie, in der die Menschen besonders gute Manieren haben. Ich bin mit ein paar Promotern befreundet, aber das ändert nichts daran, dass sie mich noch jedes Mal beschissen haben.“ Der Beschiss gehört zum Musikgeschäft wie das Ein-Hit-Wunder zu den Charts.

Insofern war auch der Aufschrei über den Betrugsskandal um das Popsternchen Gracia einigermaßen überflüssig. Manager David Brandes hatte sich mit seinen illegalen Plattenaufkäufen, um die Single „Run & Hide“ in den Charts zu pushen, letztlich nur in die Reihe prominenter Vorbilder begeben.

Selbst Beatles-Manager Brian Epstein soll den Einstieg der ersten Beatles-Singles in die Top 40 als Stammkunde bei einer Plattenladen-Kette selbst angeschoben haben, wurde immer wieder kolportiert und von ihm nie ernsthaft dementiert.

Die Manipulation bei der Ermittlung von Hits ist ein Phänomen, das in Amerika sogar einen eigenen Namen hat: Payola. Das Wort setzt sich zusammen aus pay (wie zahlen) und dem Grammophon-Markennamen „Victrola“. Payola hat in Amerika eine lange Tradition und bedient sämtliche Klischees über die Musikbranche als Tummelplatz für Gauner und Abzocker.

Den ersten großen Skandal gab es Ende der 50er, als herauskam, dass der New Yorker DJ Alan Feed von Promotern bestochen wurde, um in seiner Radioshow bestimmte Rock’n’Roll-Platten bevorzugt zu spielen. Feed wurde daraufhin 1960 mit weiteren DJs angeklagt und zu einer geringfügigen Geldstrafe verurteilt. Der Prozess und Anhörungen im US-Kongress offenbarten, dass sich Payola bis ins Jahr 1947 – als die Plattenindustrie ihren Aufschwung nahm – zurückverfolgen ließ. In den Siebzigern erlebte Payola eine neue Blüte. Statt mit Geld oder Autos wurden die DJs in den Top-40-Radios nun gern mit Drogen bestochen.

Schließlich war das Radio immer noch extrem wichtig für die Plattenverkäufe. Es galt die Faustregel: Für jede Top-Ten-Single konnten eine Million LPs desselben Künstlers verkauft werden. Kein Wunder, dass die Labels bei der Schaffung von Hits möglichst wenig dem Zufall überlassen wollten. Die Kosten dafür stiegen indes unaufhörlich und brachten die US-Plattenindustrie in arge Not. Illegale Promotion kostete sie 1985 bis zu 80 Millionen Dollar bei nur 200 Millionen Gewinn. Ein schlechtes Geschäft.

Sendeplätze für Geld

Das Rechnen haben die Manager in den Musikkonzernen längst gelernt. Deshalb wissen sie auch, dass das Singles-Kaufen immer noch eine taugliche Methode ist, Chart-Erfolge zu basteln und so Bilanzen zu schönen. Im „Stern“ berichtete in diesem Jahr ein Plattenhändler, stellvertretend für viele kleine Vertreter, dass alle großen Labels in Deutschland gezielt CDs abkaufen. Gut in Erinnerung ist auch eine andere Methode der kreativen Musikpromotion. Im Dezember 2003 war herausgekommen, dass Viva einen Teil seiner Rotationsplätze für Auftritte von Künstlern der Firma Universal reserviert hatte. Der Inhalt des Kuhhandels: Viva bekam 18 000 Euro für jedes der bevorzugten 50 Videos und eine Gewinnbeteiligung von rund 20 Cent pro verkaufter Platte. Warum sollte auch ausgerechnet die Musikindustrie, in der mit viel Glück und ein bisschen Geschick immer noch ordentlich Geld zu machen ist, zur moralisch sauberen Zone werden?! Solch eine Einstellung lassen die Musikmanager natürlich nicht für die jungen Musikkonsumenten gelten.
Elli live Fan
__________________
Aktuelle Informationen über Elli Erl findet ihr nur im neuen Forum auf der offiziellen Homepage
www.elli-e.com

Elli Tour und TV







Mit Zitat antworten