Popstar werden nach der «Popstars»-Welle
Köln (dpa/gms) - Für den Weg in die Charts schien es eine Zeit lang eine Abkürzung zu geben: Casting-Shows boomten, und die Teilnehmer mussten sie gar nicht unbedingt gewinnen, um einen Plattenvertrag zu ergattern. Doch lange dauert der Höhenflug meist nicht.
Schon für Elli, Siegerin der zweiten «Superstar»-Staffel, reichte es nur zu kurzem Ruhm, und die aktuellsten «Popstars» Nu Pagadi haben sich bereits nach wenigen Monaten zerstritten. Wer groß herauskommen will, muss sich wohl oder übel nach anderen Möglichkeiten umschauen.
Der Musikmanager Thomas Stein, Ex-Chef der Plattenfirma BMG und Jurymitglied der beiden bisherigen «Superstar»-Staffeln, hat schon viele Talente zu Stars gemacht. Daher weiß er bestens, was Jungen und Mädchen, die berühmt werden und sich dabei nicht auf Casting-Shows verlassen wollen, als erstes tun sollten: «Ein Demotape mit ein paar Songs aufnehmen und an Plattenfirmen schicken.»
So lange Angebote von Labels ausbleiben, können sich junge Bands oder Solokünstler bei Auftritten in kleinen Clubs eine Fangemeinde erspielen. «Aber das ist leichter gesagt, als getan», warnt Christian Hentschel, Musikexperte aus Berlin und Autor des Buchs «Popstar in 100 Tagen», der Jahre lang Auftritte für Musiker organisiert hat. «Es gibt zu wenige Clubs, die unbekannte Gruppen auf ihre Bühne lassen.» Den Betreibern sei oft das Risiko zu groß, mit Auftritten unbekannter Interpreten ihr Publikum zu vergraulen.
«Selbst wenn wir irgendwo spielen können, bekommen wir für unsere Auftritte so gut wie kein Geld», sagt Florian de Gelmini von der Berliner Band Siankaan. «Es ist auch schon vorgekommen, dass wir nach einem Konzert finanziell im Minus waren, weil wir die Anfahrtskosten selbst tragen mussten.» Der Sänger ist froh, mit seinem Job als Toningenieur und Musikproduzent genug Geld zu verdienen, um sich sein «teures Hobby» leisten zu können.
Hentschel rät jungen Musikern trotzdem, am Ball zu bleiben. «Auch wenn es darum geht, an Auftritte zu kommen, kann ein Demotape Türen öffnen.» Mit der Aufnahme und etwa Infomaterial über die Band im Gepäck, sollten die Nachwuchstalente die Clubs in ihrer Umgebung abklappern und sich den Veranstaltern vorstellen. Wer einen Auftritt an Land gezogen hat, sollte sich nicht scheuen, selbst für Publikum zu sorgen und zum Beispiel möglichst viele Freunde mitzubringen.
Mit viel Glück ist unter den Konzertbesuchern vielleicht auch ein Mitarbeiter einer Plattenfirma. Hat der einen unterschriftsreifen Vertrag in der Tasche, ist die Freude natürlich groß. Hentschel rät aber, einen kühlen Kopf zu bewahren. «Am besten ist es, den Vertrag von einem Anwalt prüfen zu lassen. Der kann genau sagen, ob es sich für die Musiker überhaupt lohnt, mit dem Label zusammenzuarbeiten.» Ratsam sei es auch, sich im Internet über die Firma zu informieren.
Für die Jungs und Mädchen, die die Sache professionell angehen wollen, gibt es die Popakademie in Mannheim. Zu deren Programm zählt der Studiengang Popmusikdesign. «Dabei geht es vor allem um den künstlerisch-kreativen Bereich», erklärt Sprecher Sebastian Hornik: Songschreiber, Texter und Sänger lernen während der dreijährigen Ausbildung alles, was sie brauchen, um von der Musik leben zu können. Gesangs- und Instrumentalunterricht gehören zum Stundenplan, aber auch das Erlernen von Kenntnissen im geschäftlichen Bereich.
Knackpunkt dabei: Wer aufgenommen werden möchte, muss sein Abitur in der Tasche haben. Dafür haben die Studenten das Vergnügen, hin und wieder von Gastdozenten wie Xavier Naidoo oder Smudo von den Fantastischen Vier unterrichtet zu werden. Zudem hat die Popakademie enge Kontakte zu Plattenfirmen, Radiosendern und Produzenten. «So kann es passieren, dass einer unserer Studenten schon während seiner Ausbildung einen Plattenvertrag bekommt», sagt Hornik. Eigentlich sei es aber das Ziel der Akademie, die Schützlinge langsam aufzubauen.
Wer es eiliger hat, berühmt zu werden und noch an Casting-Shows als Sprungbrett glaubt, kann sich aber auch für die dritte Staffel von «Deutschland sucht den Superstar» bewerben. RTL will damit in diesem Herbst auf Sendung gehen - für die Teilnehmer ohne Garantie auf den großen Durchbruch.
INFO-KASTEN: Das richtige Demoband
Demotapes können für Nachwuchskünstler der erste Schritt auf dem Weg zum Plattenvertrag sein. «Die Aufnahme muss zwar nicht so hochwertig sein, als wäre sie in einem teuren Tonstudio entstanden, aber gut hörbare Qualität haben», empfiehlt der Musikmanager Thomas Stein aus Köln. Außerdem wollen Mitarbeiter von Plattenfirmen ein stimmiges Konzept heraushören: «In welche musikalische Richtung bewegt sich das Ganze? Welche Aussage steckt in den Texten?» Um das Material komplett zu machen, sollten die Popstar-Anwärter ein Foto von sich oder ihrer Band beilegen. Wichtig ist es außerdem, das Tape an so viele Labels wie möglich zu schicken - denn auch etwas Glück gehört dazu: «Oft landet ein Tape nur deshalb im Papierkorb, weil es dem, der es sich gerade anhört, nicht gefällt», sagt Stein.
www.popakademie.de
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