Einzelnen Beitrag anzeigen
  #29  
Alt 09.12.2004, 00:25
Benutzerbild von Mazemi
Mazemi Mazemi ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registrierungsdatum: 03.2004
Ort: Wiesbaden
Alter: 60
Beiträge: 437
Mazemi befindet sich auf einem aufstrebenden Ast
...jetzt habe ich es auch noch falsch eingestellt..Mein Leserbrief an die FAZ die II

Sehr geehrte Frau Schülke,

anfangs hatte ich Ihren Artikel nur kurz überflogen und überrascht die Augenbrauen hochgezogen. Da ich primär mit anderen Dingen beschäftigt bin, hatte ich tatsächlich jetzt erst Zeit Ihren Artikel sorgfältig zu lesen. Nach einer kurzen Überlegung habe ich mich dazu entschlossen, Ihnen eine Rückmeldung zu Ihrem Artikel zur Verfügung zu stellen. Sie können etwas damit anfangen oder direkt löschen, das bleibt Ihnen überlassen. Eine Rückmeldung sagt lediglich aus, so nehme ich die Situation wahr.

Die FAZ muß sehr verzweifelt sein, wenn sie solche Artikel zuläßt, oder erreichen Sie inzwischen Ihre Leser durch praktizierte Polemik? Vielleicht lag der Grund Ihres Stils auch eher darin sich von den eher ernsten Themen abzugrenzen? Der Artikel entspricht aus meiner Sicht nicht wirklich dem Image der FAZ, und ich bin echt überrascht, daß dies in solcher Form seine Zustimmung erfährt. Was ich allerdings sehr vermisse ist die Seriosität und Objektivität einer Journalistin. Einen Bericht wie Ihren hätte ich eher in einem anderen Blatt erwartet, ich nehme an Sie sind im Bilde ??

Nun, was soll ich zu Ihren Worten sagen? Sie haben offensichtlich nicht die gleiche Veranstaltung besucht. Falls sie überhaupt da waren. Vielleicht hat Ihnen auch nur jemand einen Kurzbericht geliefert und Sie haben ihn etwas, sagen wir mal, aufgepeppt ? Sie haben recht, das Haus war voll. Das ist ein großer Erfolg, wie ich finde. Es geschieht ja nicht jeden Tag, daß sich solch eine außergewöhnlich individuelle Runde zusammenfindet, und auch noch solch einen Spaß vermitteln kann. Der Abend brachte durchaus viele Lacher und das Publikum hatte seinen Spaß. Bodo Kirchhoff ist es m.E. durchaus gelungen seine Gäste anhand eines Buches vorzustellen, und ich kann Ihren polemischen Beschreibungen nicht zustimmen. Sie haben so ziemlich jedes Klischee gesucht, und versuchen in Ihrem Artikel auch jedes noch so kleine 'Ding' (wonach auch immer Sie suchten) zu finden um es gegen die Gäste zu verwenden.
Schade finde ich es, daß Sie sich keine Mühe gemacht haben etwas für sie zu finden.

Für Michel Friedmann hätte gesprochen, daß er so locker war wie ich ihn schon lange nicht mehr erlebt habe. Es mag daran liegen, daß seine Frau im Publikum saß. Es mag daran liegen, daß sein letztes, schweres Jahr hinter im liegt und nun sich eine neue Tür vor ihm öffnet. Schon unsere Großmütter pflegten zu sagen: 'Geht eine Türchen zu, öffnet sich ein anderes...'. Gut für ihn, daß er sich nicht wie der Held des Buches für den Tod entschieden hat. Natürlich ist es viel einfacher über den Provokateur Friedmann zu berichten, er hat auch jahrelang dafür gesorgt daß es so ist. Aber dafür hat er ja den Medien auch was zum Schreiben oder Senden geboten. Insofern hat Ihre Beschreibung nichts signifikant Neues ergeben. Verzeihen Sie mir bitte meine folgende Polemik. Finden Sie nicht auch, daß nur Rotkohl aufgewärmt besser schmeckt? Wie langweilig ist das denn? Einmal aus der Reihe getanzt und schon an den Pranger gestellt? Darin sind wir gut. Friedmann ist Friedmann und das ist auch gut so. Angepaßte Langweiler haben wir mehr als genug. Er hat zu verantworten was er tut, wir sollten nicht den Richter spielen. Das ist nicht Ihr Job, und wenn es eine fundierte Berichterstattung darüber geben sollte (oder besser gesagt, zur Genüge gab) ist es auch irgendwann mal gut.

Für Adorf hätte gesprochen, daß er immer wieder wie ein warmer Mantel in einer fröstelnden Nacht ist. Unglaubliche Ruhe und Frieden gehen von ihm aus. Mit einer fast tänzelnden Leichtigkeit bewegte er sich verbal sicher und souverän mit Kirchhoff. Besetzte die Akteure seiner Regie akzentuiert, so daß Stadlober und Lamprecht sicher ihre wahre Freude daran hätten . Vom Publikum ganz zu schweigen. Ich kann mich noch daran erinnern, daß ich die Strike-Faust geballt hatte und ein etwas lautes 'Ja' von mir gab, als er sich für Lamprecht entschied. Meine Tischnachbarn haben sich Gott sei Dank mit mir über seine Wahl gefreut und sehr gegrinst. Ich würde diesen neuen Film sehr gerne sehen, nein, dann noch lieber als Theaterstück. Das wäre so genial wie die Neubesetzung von 'Drei Engel für Charlie' mit Hannah Schygulla, Alice Schwarzer und der Rosel Zech! Ein Fest für die Sinne!

Für Kirchhoff spricht auf jeden Fall, daß er Elisabeth Erl und die Verbindung zu RTL Sendung DSDS lediglich zur Einleitung verwendete. Danach war das kein Thema mehr. Er konzentrierte sich voll und ganz auf die Frau die vor ihm saß. Zugegeben eine ungewöhnliche Auswahl zur Bereicherung der Herrenrunde, daher aber um so spannender. Für Elisabeth Erl Sprach auf jeden Fall, daß sie mit einer Leichtigkeit und sehr humorvoll Parallelen zu der Hauptfigur 'Franz oder Franziska' nannte, jedoch auch nicht - wie Sie - krampfhaft nach welchen suchte wo keine zu finden waren. So wie 'Franz oder Franziska' am Ende des Buches auch klar besagen konnte wer sie ist, konnte Elisabeth Erl für sich, Kirchhoff und dem Publikum glaubhaft vermitteln, daß sie dies bereits für sich eindeutig definiert und klargestellt hat. Sie selbst. Für sie spricht ferner, daß obwohl sie sich selbst eher in dem Bereich Rock/ alternative Rock / Pop sieht, ein Schlager wie : 'Ich will nen Cowboy zum Mann' auch kein Beinbruch ist. Spricht für ihre Bandbreite und auch für ihren Mut. Das ganze im Duett mit Kirchhoff ?! Der Hammer! Das ich den Tag noch erleben darf und Kirchhoff singen höre. Unglaublich! Ich kann Ihnen versichern, daß um mich herum das Publikum entzückt war über die zwei Darbietungen. Wir waren ein bunter Haufen, von ca. 9 Jahre bis schätzungsweise 80 Jahre (sorry , wenn ich mit meiner Schätzung des älteren Herren daneben liegen sollte), die Kinder waren mit ihren Müttern da (wegen Elli) und laut meiner Einschätzung hatten sie sehr viel Spaß. Ihren Vergleich : 'Elli krähte...' empfinde ich als deplaziert.

Vielmehr kann ich Ihnen versichern, daß nach solcher - Ihrer - Berichterstattung auch kein Hahn kräht. Ich kann nicht sagen was Sie sich dachten. Um auf meinen Vorschlag zurückzukommen und etwas für Ihren Artikel zu finden bin ich lange in mich gegangen. Es ist nur eines haften geblieben. Wir alle, die Ihren Artike lesen konnten, haben über Sie wesentlich mehr erfahren, als Ihr Bericht auch nur im Ansatz Neues über die Gäste hätte in Erfahrung bringen können. Dieser Artikel sagt viel mehr über Sie aus.

Dennoch darf ich hoffen, daß sich solche Polemik und Populismus nur noch selten in der FAZ verirrt. Darauf können Sie bauen, dann hätten Sie erreicht, daß sich eine treue Leserin verabschiedet. Solche Berichte nerven mich schon in der 'Yellow Press' wenn ich beim Frisör oder in einem Wartezimmer sitze. Der Unterschied zur FAZ ist nur, daß ich von der 'Yellow Press' nichts anderes erwarte. Enttäuscht bin ich allerdings immer, wenn ich solche Berichte z.B. in der FAZ lese. Bis dato dachte ich nicht, daß die FAZ es nötig hätte sich auf solches Niveau herabzulassen. Schade.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen rückmelden, welchen Eindruck und Wirkung Sie hinterlassen haben, hoffe, daß meine Rückmeldung hilfreich war, und verbleibe mit freundlichen Grüßen.

Emina Mazak
__________________
Die Vergangenheit ist Geschichte.
Die Zukunft ein Geheimnis.
Der Augenblick ein Geschenk.
Mit Zitat antworten